Ein tolles Erlebnis

Chorreise zum Chorfestival nach Jastrzebie in Polen 16. 11. – 21. 11. 2000

Die KAB Rhede fuhr zu dieser Zeit bereits viele Male mit Hilfsgütern nach Polen.
Sie fuhren jeweils zu einem Kloster nach Jastrzebie-Zdroju. Von dort wurden die Hilfsgüter von den Ordensschwestern an Bedürftige verteilt. Nach einer Reise sprach die KAB dann den Männerchor an, ob es möglich sei, dass der Chor an einem bevorstehenden Chorfestival als einziger deutscher Chor teilnehmen könnte.
Chorleiter Stefan Müller war begeistert und der Vorstand mit Vorsitzendem Paul Steverding planten die Reise.
Mit zwei Bussen fuhren wir am Donnerstag, 16. 11. 2000 mit Chor, Chorfrauen und Freunden nach Polen über Dresden, Ludwigsdorf (Grenzübergang) nach Jelenia-Gora (früher Hirschberg), 20 km  entfernt vom Kamm des Riesengebirges. Von Rhede waren es bis dahin 800 km. Unterwegs wurde eine kurze Rast am Straßenrand gemacht, bereits in Polen, an einer sehr bescheidenen Raststätte, die als Grill-Bar beschildert war. Nicht jeder traute sich, dort eine Bratwurst zu bestellen.

Leider war es bereits dunkel, als wir die schön restaurierte Stadt Jelenia Gora  erreichten. Es war uns nur ein kleiner Rundgang möglich, dann probte der Chor bereits intensiv.
Am nächsten Tag ging es recht früh weiter über Klodzko, Oppeln, Gleiwice nach Jastrzebie-Z. (330 km). Dort erfuhren wir einen herzlichen Empfang durch die Hedwig-Schwestern  des Klosters und eine große Gastfreundschaft. Wir wurden vorzüglich versorgt und ins Programm der Festtage eingewiesen. Untergebracht waren wir in Brenna im Exerzizienhaus der Hedwig-Schwestern am Fuße der Beskiden.
Bis zum nächsten Tag war noch genügend Zeit, die vom Chorleiter Stefan Müller ausgiebig genutzt wurde, uns noch einmal so richtig auf Herz und Nieren und vor allen Dingen auf Stimmen zu prüfen. Echte Arbeit und Anstrengung war das.

Am Freitag um 17.00 Uhr wurde in Jastrzebie-Z.  in der Kirche Zum Heiligsten Herzen Jesu mit einem Festgottesdienst das Festival eröffnet.
Angereist waren inzwischen viele Chöre aus der Nähe aber auch weiteren Entfernung : z.B. aus Polen, Tschechien, Ukraine, Weißrussland,  Ein großartiges und umfangreiches Programm stand in den nächsten zwei Tagen bevor.
Unserem Chor war zur besseren Verständigung eine Dolmetscherin, Frau Zofia Piesof , an die Seite gegeben.

Die vorgetragenen Lieder und Chorsätze waren von hoher musikalischer Qualität.
Phantastische Leistungen vollbrachte der Chor Bandurystow- „Karpaty aus Lwow (Lemberg) Ukraine, die auf ihren Bandura’s spielten und dazu sangen. Außerdem waren viele der Sänger blind oder sehbehindert. Der Applaus wollte gar nicht enden.

Unser eigenes Gesangsprogramm sah folgendermaßen aus:
Motette „Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit“ von H.G.Nageli
„Sancta Maria“ von J. Schweitzer
„Herr, deine Güte reicht so weit“ von E.A.Grell
„Gib uns, Herr, den Frieden“ von O.Groll
„Agnus Dei“ aus der Missa brevis von G.Anton
„Ambrosianischer Lobgesang“ vonP.Brettner
„Miteinander füreinander“ von K.Ochs

 Auch wir erhielten von den vielen Zuhörern großen Beifall.

Nach diesen anstrengenden, aber unvergesslichen Tagen, fuhren wir am Samstag nach Krakau mit Stadtführung.
Der Marktplatz , 40.ooo qm, mit Tuchhallen, Marienkirche mit zwei unterschiedlichen Türmen und der kleinen romanischen Kirche St. Adalbert begrüßten uns.
Eine steile Straße führt den Berg hinauf, oben grüßt vom Pferd auf hohem Sockel der Bauernheerführer aus dem Jahre 1794, deren Gebeine in d. Wawel überführt wurden.
Der Wawel, Zentrum weltlicher und geistlicher Macht, im Mittelpunkt die Kathedrale mit Sigismund Kapelle. Wir stiegen hinauf in den Turm der Kathedrale, vorbei an der 3.größten Glocke (11 t.) Europas, die mit mächtigen Holzbalken im Turm verankert ist. Ein Blick durchs Turmfenster zeigte uns die Dächer von Krakau mit Sicht ca. 50 km weit.

An der Kathedrale vorbei ging es dann zum Königsschloss, dem Herzstück des Wawel. Schon 11oo wurde hier eine Königsresidenz gebaut, gotisch, später im Renaissance-Stil umgebaut. Der Innenhof ist von dreistöckigen Arkadengängen umgeben, die Fassade mit Fresken reich geschmückt. Nach dem Mittagessen konnte jeder auf Erkundung und Besichtigung gehen. Die orientalisch anmutenden holzgeschnitzten Krambuden in den Tuchhallen verleiteten so manche Damen zum Kauf von Bernsteinschmuck oder rustikaler Keramik. Es herrschte eine wohlwollende Wärme und heimelige Atmosphäre, die das Novemberwetter vergessen ließen.
Am Sonntag, dem 19. 11. verschönerte der Chor den Gottesdienst in der Kirche „Jungfrau Maria, Mutter der Kirche“ in Jastrezbie-Z.  Danach wurden wir wieder im Gemeindezentrum von den Schwestern verwöhnt. Zofia, unsere Dolmetscherin, sorgte an allen Tagen für das gute Verstehen zwischen Polen – Ukrainern – und Deutschen.

Am Sonntagnachmittag nach dem Kaffee sammelten wir uns mit vielen Gemeindemitgliedern zu einer Prozession zum Friedhof, wo das Gedenken an den Pfarrer der Gemeinde, Anzelm Skrobol, gefeiert wurde. Er war es, der vor vielen Jahren aus Liebe zur Musik, dieses Festival ins Leben gerufen hatte. Viele Banner-Abordnungen von den verschiedensten Vereinen, die Bergleute in ihrer Tracht und viele Kinder und Jugendliche begleiteten unter Beteiligung der Blaskapelle die Gäste und Bürger der Stadt.
Anschließend ging es in Prozessionsform wieder zur Kirche zurück, wo die Ehrung und Verabschiedung der einzelnen Chöre stattfand. Noch einmal begeisterten die Sänger und Bandura-Spieler des Karpaty-Chores. Aber auch der Männerchor aus Rhede löste einen wahren Begeisterungssturm aus, als ein polnisches Lied zu Abschied erklang.
Am Montag, 20. 11. sagten wir Auf Wiedersehen in Brenna, beglückten die Schwestern noch mit einigen Spenden (viele ließen ihre Handtücher dort, da wir die Knappheit in diesen Dingen deutlich spürten).
Der Rückweg nach Deutschland ging wieder über Dresden, dort wurde Station im Novalis-Hotel gemacht. Eine kurze einstündige Stadtführung am Abend ließ uns eine wunderbare Abendstimmung an der Elbe erleben.
Der Dienstagvormittag stand dann im Zeichen von Dresdener Zwinger, Kronentor mit Langgalerien und Semperoper.
Am Nachmittag war Abfahrt. Die Ankunft in Rhede war abends gegen 18.00 Uhr. 

Fazit dieser Reise: Für Veronika und Josef Seggewiß brachte diese Reise den glücklichen Zufall des Zusammentreffens mit dem ukrainischen Chor. Diese Sänger sorgten dafür, dass ihr vorgetragenes Anliegen, durch Zofia verdolmetscht, nämlich den seit ca. 30 Jahren gesuchten Ort  Pessez in der Ukraine zu finden. Dort suchte V. Seggewiß das Grab ihres Vaters aus dem 2. Weltkrieg. Das Ehepaar Seggewiß erhielt über die Dolmetscherin Zofia von den Ukrainern eine ortsübliche Landkarte, worauf dieses Dorf verzeichnet war. Im Jahre 2002 besuchten sie den Ort, 2004 wurde vom Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge mit ihnen zusammen das Grab geöffnet und exhumiert. 2006 wurden die 16 gefundenen deutschen Soldaten auf einem Soldatensammelfriedhof in Potelitzsch bestattet.

(Text und Fotos: Veronika und Josef Seggewiß)